Der Landesvorstand der Westfälisch-Lippischen Landjugend e.V. hat am 11.01.2017 folgendes Positionspapier zum Thema Schulpolitik in Deutschland verabschiedet:
Positionspapier „Schulpolitik in Deutschland- zeitgemäß und alltagstauglich? “ – Januar 2017
Die Westfälisch-Lippische Landjugend e.V. mischt mit im Politik-Prozess: Unser Bildungssystem, die Basis unseres heutigen Wohlstandes, sowohl in der Stadt als auch in den ländlichen Räumen, schafft es nicht, im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu sein. Wenn wir unseren Lebensstandard auch in Zukunft halten möchten, müssen wir uns im Bildungsbereich verbessern!
Dank Pisa wird heutzutage viel über die Probleme im deutschen Bildungssystem diskutiert. Finanzielle Mittel und gut ausgebildete Lehrer sind im deutschen Bildungssystem Mangelware. Ist es sinnvoll, dass immer mehr Jugendliche Abitur machen und studieren gehen? Der hohe gesellschaftliche Druck führt immer mehr dazu, dass sich Jugendliche gegen eine Ausbildung und für ein Studium entscheiden, welches zu einem immer größeren Fachkräftemangel in Deutschland führt. Was tun wir gegen den Wegfall von kleinen Schulen in den ländlichen Räumen aufgrund des ausbleibenden Nachwuchses?
Hier verlieren wir uns allzu häufig in detaillierten Fragen, bei welchen am Ende die einzig gemeinsame Antwort ist: Wir wollen etwas tun, das kostet jedoch mehr Geld und ist erst mittelfristig finanzierbar.
Unserer Meinung nach konzentrieren wir uns bei Diskussionen im Bildungsbereich nicht auf das große Ziel: Die bessere (Aus-)Bildung unseres Nachwuchses für das spätere Leben in unserer Gesellschaft.
Dazu haben wir uns als Westfälisch-Lippische Landjugend e.V., welche sich insbesondere für die Verbesserung der Bildungslandschaft in den ländlichen Räumen einsetzt, in den vergangenen Monaten in intensiven Diskussionen über die Themenbereiche Schulpolitik, Ausbildung und Studium ausgetauscht. Für den Bereich Schulpolitik sind unserer Meinung nach vier Punkte essenziell, um das Ziel der nachhaltigen Verbesserung unseres Schulsystems für den ländlichen Raum zu erreichen:
Erste Forderung ist die Integration von Alltagsbildung in den Schulunterricht. Unsere Kinder sind nach ihrem Schulabschluss zwar häufig in fachspezifischen Fragen sehr gut ausgebildet, jedoch fehlt es an grundlegendsten Kenntnissen, wie zum Beispiel das Abschließen von Mietverträgen oder an Hintergrundwissen für den ordnungsgemäßen Umgang mit den eigenen Finanzen, speziell der Altersvorsorge. Hier müssen wir die Selbstständigkeit der jungen Menschen fördern, um den Übergang in das „echte“ Leben zu erleichtern.
Zweite Forderung ist die Einführung verbindlicher Jahresprojekte in den Schulalltag zur Stärkung der Selbstständigkeit von Schülern. Heutzutage besagen jüngste Umfragen, dass weit mehr als 50% des Nachwuchses als Lebensziel einen „Beruf im öffentlichen Dienst“ bzw. den Beamtenstatus anstreben. Wer soll das Geld, was vom öffentlichen Dienst verteilt wird, denn verdienen, wenn es keine Selbstständige_n und Unternehmer_innen mehr gibt? Hier müssen wir früh ansetzen und die Eigenverantwortlichkeit stärken. Verschiedene Projekte bieten den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten, sich mit ihren Interessen sowie mit ihren Stärken und Schwächen auseinanderzusetzen. Besonders für die ländlichen Räume ist es wichtig, eine Perspektive für junge Menschen nach der Schule zu schaffen. Hier bindet der ländliche Raum Potenzial, sich in den vielen kleinen Betrieben in Landwirtschaft, Industrie und Handwerk zu entwickeln und so einem Fachkräftemangel in Deutschland entgegen zu wirken.
Die dritte Forderung schließt sich an Punkt zwei an: Schulen sollen Schülerinnen und Schülern mehr Raum für außerschulisches ehrenamtliches Engagement geben, um unser funktionierendes Allgemeinwesen in Form von Vereinen und Gruppierungen nicht zu vernachlässigen. Auch hier erlernt man Sozialkompetenzen, die eine Lehrkraft in der Schule in dieser Art nicht vermitteln kann und die für das spätere Leben einen großen Vorteil in Form von Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein bieten.
Die vierte Forderung bezieht sich auf ein weiteres europaweit wichtiges Thema, die Inklusion. Um unserem Schulsystem die Möglichkeiten der Umsetzung der weiteren Forderungen zu geben, ist es wichtig, die zuständigen Personen nicht zu überfordern. Dies geschieht aktuell durch die ruckartige Umsetzung der Inklusion, welche dem Grundsatz nach absolut richtig ist, in der Umsetzung jedoch nicht gründlich durchdacht worden ist. So werden funktionierende Schulsysteme (Förderschulen) geschlossen und Eltern und Kindern dadurch die Wahlfreiheit genommen. Wir denken, dass die Politik passende Rahmenbedingungen für die Wahlfreiheit der Eltern, welche in den allermeisten Fällen am besten wissen, was für ihre Kinder gut ist, schaffen soll. Ruckartige „auf-Teufel-komm-raus“-Umsetzungen sind hier fehl am Platze. Hier bedarf es einer nachhaltigen Planung, und nicht einer kurzfristigen Umsetzung zu Lasten der Schüler_innen und Lehrer_innen.
Die westfälisch-lippische Landjugend fordert alle politischen Entscheidungsträger zur Auseinandersetzung mit diesen Thesen auf und motiviert ihre Mitglieder, sich lautstark für die Durchsetzung dieser Forderungen einzusetzen. Denn WLL macht Land!
Download: Positionspapier Schulpolitik in Deutschland 2017